Wenn Menschen mit geistiger Behinderung trauern

Vorschläge zur Unterstützung
Luchterhand, Charlene; Murphy, Nancy
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Das Buch beschreibt die allgemeingültigen Abläufe des Trauerprozesses sowie die Besonderheiten bei Menschen mit geistiger Behinderung. Zahlreiche Übungen zeigen Trauernden mit geistiger Behinderung Möglichkeiten auf, ihre Trauer auszudrücken, sich vom Verstorbenen zu verabschieden und den Verlust zu überwinden.

Dieses Buch verfolgt die Ziele: "Informationen über typische Formen der Trauer zu geben, einige Charakteristika aufzuzeigen, die nur für trauernde Erwachsene mit geistiger Behinderung gelten und einige konkrete Anleitungen zu geben, nach denen Sie bei der Assistenz für Menschen mit geistiger Behinderung, die einen Trauerprozess durchlaufen, vorgehen können." (S.10)

Kapitel 1 "Wenn Menschen trauern"

"Aufgaben im Trauerprozess: (bezogen nicht nur auf behinderte Erwachsene)

  1. Die Tatsache des Verlustes akzeptieren
  2. Den Schmerz der Trauer erleiden
  3. Sich auf ein Leben einstellen, in dem die oder der Verstorbene fehlt
  4. Emotionale Energie zurücknehmen und in Neues investieren."

"Die Vollendung dieser vier Aufgaben sind nötig, um den Verlust zu überwinden" Jedoch: "Diese Aufgaben sind durchaus nicht etwas, dessen sich trauernde Menschen bewusst sind oder die ihnen klar sind. Man sollte sie auch nicht als eine Liste von Dingen, die erledigt werden müssen, betrachten. Es sind vielmehr Erfahrungen, und man hat herausgefunden, dass sie allen Menschen, die einen Trauerprozess erfolgreich durchlaufen, gemeinsam sind. Es gibt keine spezielle Reihenfolge, nach der Menschen diese Aufgaben vollenden, obwohl eine gewisse Abfolge in der Natur der Dinge liegen." Die einzelnen Aufgaben werden ausführlich beschrieben auf den Seiten 13 – 17. Die Ausführungen, die in Kapitel 1 gemacht werden, sind wertvoll, nicht nur für professionelle Helfer, auch für Trauernde und/oder deren Begleiterinnen bzw. Begleiter

Kapitel 2 "Was ist für Erwachsene mit geistiger Behinderung kennzeichnend?":

Das Kapitel 2 geht ein auf Unterscheidung (Trauer und Verlust) von der sogenannten Normalbevölkerung und Erwachsene mit geistiger Behinderung Gut verständlich beschrieben und erläutert werden folgende Themenbereiche:

  • "Allgemeine Lebensumstände von Erwachsenen mit geistiger Behinderung
  • Schwierigkeiten beim Lernen oder Verstehen [kognitive Schwierigkeiten]
  • Eingeschränkter oder veränderter Ausdruck von Gefühl
  • Die Tendenz, positiv zu reagieren
  • Verhalten weist (eher als Worte) auf die wahren Gefühle hin
  • Familienmitglieder oder Professionelle behandeln sie oft anders als andere
  • Familienmitglieder oder Professionelle sprechen oft stellvertretend oder interpretierend
  • Das Fehler sozialer Unterstützung
  • Verborgene Gefühle der Bindung an andere
  • Persönliche Geschichte vielfacher Verluste
  • Fehlen von Ressourcen und Unsichere Zukunft"

(S.27-37)

Kapitel 3 und Kapitel 4

"Wichtige Elemente der Unterstützung geistig behinderter Erwachsener im Trauerprozess" (S.38 - 105)
"Die notwendigen Schritte:

  • Informieren Sie die betroffene Person, über den Todesfall
  • Erlauben Sie ihr und ermutigen Sie sie, ihre Gefühle mitzuteilen
  • Geben Sie Gewissheit, dass er oder sie nicht allein ist und dass andere da sind, um zu helfen
  • Denken Sie daran, dass der Trauerprozess Zeit braucht
  • Haben Sie Geduld mit der trauernden Person
  • Lernen Sie von ihr"

Bei der Ausführung dieses Kapitels werden immer wieder Bezüge hergestellt, zu den Aufgaben (Verlust akzeptieren; den Schmerz und die Trauer erleiden; sich auf ein Leben einstellen, in dem der oder die Verstorbene fehlt; emotionale Energie zurücknehmen und in Neues investieren), die zu einem gelingenden Trauerprozess beitragen Luchterhand & Murpy geben über 100 Ratschläge, wie erwaschenen Menschen mit geistiger Behinderung unterstützt werden können, z.B.:

"Einige Möglichkeiten des Beistandes (S. 55 – 112):

Dabei geht es um Unterstützung durch andere, sowie Religion/ Spiritualität/Rituale/ Tradition/Unterstützung/verbale Hilfsmittel/Kreativität/Unterricht/Natur/Musik/Tänze, u.a

Hier eine Auswahl:

  • Wer kann am besten Trost spenden, wer bleibt bei dem Betroffenen,
  • Verbale Hilfen; wer kann mit dem/der Betroffenen offen und ehrlich über den Tod sprechen),
  • Angemessenen körperlichen Kontakt,
  • Beziehen Sie die hinterbliebene Person in Vorbereitung des Begräbnisses mit ein,
  • Helfen Sie dem Geistlichen dabei, wie die Trauerfeier für den/die Betroffenen bedeutungsvoller gestaltet werden kann,
  • Bieten Sie Gelegenheit, etwas persönlich Bedeutungsvolles zum Begräbnis beizutragen, um den Verstorbenen zu ehren oder an ihn zu erinnern,
  • (Collagen/Fotografien aufstellen),
  • Gehen Sie auf den Trauernden ein, damit er sich nicht allein fühlt
  • Wenn auch Sie Trauer empfinden, gestatten Sie der hinterbliebenen Person, ihre Trauer zu sehen, zu spüren und darüber zu sprechen
  • Erkennen Sie die Gefühle des hinterbliebenen Menschen an und bestätigen Sie diese,
  • Erlauben Sie angemessenen Ausdruck von Wut, wenn der behinderte Mensch wütend über den Tod ist, und ermutigen Sie dazu,
  • Finden Sie ein Gebet, ein Gedicht, ein Zitat oder ein Kirchenlied, dessen Worte dem geistig behinderten Menschen Trost geben und ihm etwas bedeuten (Gedicht, Gebete, Psalm s. S. 72 – 75)
  • Zünden Sie vier Kerzen an und besprechen Sie ihre symbolische Bedeutung. Zum Beispiel Kerzenritual nach Paul Alexander. (Lichter der Trauer, Licht unseres Mutes unserem Kummer zu begegnen, Licht der Erinnerung, Licht der Liebe > S. 80)
  • Sprechen Sie den verwaisten Menschen in regelmäßigen Abständen auf das Thema Tod an,
  • Regen Sie den Hinterbliebenen dazu an, ein Bild von sich zu zeichnen und darzustellen, wie er oder sie sich fühlt,
  • Helfen Sie dem geistig behinderten Menschen, jemanden zu finden, der sich um ihn kümmert,
  • Helfen Sie Trauernden, ihre übliche Routine aufrecht zu erhalten,
  • Ermöglichen Sie dem trauernden Menschen, ein Album für Grußkarten anzulegen,
  • Gemeinsam Fotoalben ansehen,
  • Verwenden Sie visuelle Hilfsmittel ( z.B. Bücher > s. dazu auch die Bücherangaben S. 66) , damit ein geistig behinderter Mensch herausfinden kann, wie er oder sie sich fühlt,
  • Zünden Sie an Jahrestagen Kerzen zur Erinnerung an den verstorbenen Menschen an,
  • Ermutigen Sie zum Erzählen von Geschichten über den Verstorbenen · Planen Sie eine jährliche Gedenkfeier und nehmen Sie daran teil. (Emotionale Energie zurücknehmen und in Neues Investieren)
  • Fördern Sie das Zusammensein mit anderen Betroffenen, um über den Tod zu sprechen · Schicken Sie Botschaften auf das Wasser,
  • Eine Botschaft oder Aufzeichnung vergraben,
  • finden Sie Musiktherapeuten, die mit geistig behinderten Erwachsenen arbeiten können,
  • Fördern Sie Tanzen als Ausdruck von Gefühl,
  • Helfen Sie dem/der Hinterbliebenen, Freunde zu finden, die ihn/sie unterstützen,
  • Ermöglichen Sie den Hinterbliebenen Grabbesuche,
  • Ermutigen Sie den Hinterbliebenen zum Erzählen von Geschichten über den Verstorbenen,
  • Mit einem Kerzenritual können Sie die Begriffe des Loslassens und des Weiterlebens erläutern,
  • Pflanzen Sie zum Gedenken an den Verstorbenen einen Baum oder eine andere Pflanze ( emotionale Energie zurücknehmen und in Neues investieren)
  • Finden Sie Gelegenheit, in denen der verwaiste behinderte Mensch anderen helfen kann,
  • Fördern Sie körperliche Aktivität (körperliche Übungen, Spaziergänge),
  • Helfen Sie den behinderten Menschen einen Kalender zur Vorschau auf kommende Ereignisse zu führen" Alle diese hier aufgelisteten Möglichkeiten (und andere mehr) sind mit Beispielen anschaulich dargestellt und sie stehen in Verbindung mit den 4 Aufgaben (s. hier die erste Seite)

Das Kapitel 5 befasst sich mit

  • "Warnsignalen, wenn Hilfe gebraucht wird,
  • Anzeichen, dass professionelle Unterstützung nötig ist,
  • Wo finden Sie professionelle Unterstützung,
  • so wie ein hilfreiches Literaturverzeichnis."

Das Buch mit seinen 121 Seiten ist ein wertvolle Hilfe für Trauernde und deren Begleiter, für professionelle Helfer, vor allem wenn sie mit geistig behinderten Erwachsenen arbeiten.

Rezension: eine Mitarbeiterin des Ambulanten Hospizdienst Reutlingen e.V.

2001
978-3-77-992027-4
14.90 €
125
broschiert