Wenn jemand stirbt, den du sehr lieb hast, bist du traurig. Am liebsten würdest du weinen oder dich verkriechen, vielleicht bist du auch wütend. Den Kindern in den Geschichten geht es ganz ähnlich: Tim kann nicht glauben, dass sein Opa nie mehr mit ihm Fußball spielen wird, Luisa fühlt sich auf der Beerdigung ihrer Tante ganz seltsam, Benni weiß nicht, wie er es ohne seinen Vater aushalten soll, und Maxi fragt sich, ob sie ihren Bruder jemals wiedersehen wird.
- Mit Geschichten zu unterschiedlichen Trauersituationen
- Mit Sacherklärungen und Antworten auf schwierige Fragen
- Mit Vorschlägen, wie Kinder mit ihrer Trauer umgehen können
- Mit einem Extrakapitel für die Eltern
Leseempfehlung: Ab 8 Jahren
Von der grundsätzlichen Anlage her und in vielen einzelnen Bereichen werden im Buch von Roland Kachler die Gefühlszustände, die Vorgänge um die Trauer gut aufgenommen und gut erklärt. Kindgerecht sind die kleinen Geschichten, in denen verschiedene Situationen gut beschrieben werden. Leider ist das Buch aber nicht uneingeschränkt zu empfehlen, da es einzelne Stellen gibt, die so nicht hilfreich und sinnvoll, ja sogar falsch sind.
Insbesondere der von vielen Menschen immer wieder gebrauchte Vergleich von Sterben und Schlafen. „Ist Sterben wie Schlafen? Ja, Sterben ist wie Schlafen, Schlafen für immer." (S. 29) Als Psychologe müsste Kachler wissen, dass genau solche Formulierungen bei Kindern Schlafstörungen verursachen können und deshalb vermieden werden sollten. Der letzte Abschnitt, in dem diese Formulierung steht wäre überhaupt nicht notwendig gewesen.
Auf Seite 68 wird die Situation beschrieben, dass eine Todesnachricht überbracht wird. Die zunächst anwesenden Kinder werden nach der Nachricht, dass mit Papi etwas schlimmes passiert ist, ins Zimmer geschickt - alleine. „Geht noch einmal in eure Zimmer." Das ist keine hilfreiche und liebevolle Art mit der Situation umzugehen. Dass das oft so vorkommt mag sein, aber hier müssten andere Möglichkeiten aufgezeigt werden - wie das an anderen Stellen im Buch auch gemacht wird. In dieser Szene wäre es als Modell angezeigt gewesen, dass die Polizisten einen Notfallseelsorger mitbringen, der bei der Familie bleibt und sie unterstützt. Das wäre auch Hinweis für Polizisten gewesen, wie eine solche Situation besser bewältigt werden kann.
Manche Formulierungen sind etwas unglücklich beziehungsweise zweideutig. Maxi (S. 97) fühlt sich schuldig am Tod ihres Bruders. Sie glaubt ihn verschuldet zu haben und nicht nur - wie im Erklärungskasten suggeriert - ihn nicht verhindert zu haben. Darauf geht Kachler leider nicht ein.
Die orange hervorgehobenen Erklärungen sind meist inhaltlich zwar recht informativ, aber manchmal am falschen Platz und somit verwirrend. Der Text auf S. 99 hört zum Beispiel auf mit dem „heulen". Der Erklärungstext geht um die Wut. Sie wird aber erst später angesprochen.
Der Satz: „Wir dürfen aufhören, traurig zu sein." (S. 114) ist zumindest eine missverständliche Formulierung. Trauer wird anders, aber ob sie je ganz aufhören wird? Ob sie je ganz aufhören soll? Kachler erwähnt das nicht als Möglichkeit. Er geht nicht auf die von Tanatologen als solche bezeichnete Resttrauer ein. Aber diese erleben Trauernde. Leider bekommen sie dazu keine Hilfestellung aus dem Buch, denn ihre Trauer hat „fertig" zu sein.
Der direkte Vergleich der Seele von Marc mit dem Schmetterling auf Maxis Hand ist etwas unglücklich formuliert. (S. 128)
Kachler hängt noch sehr an den Trauerphasen. „Sie folgen damit dem gesamten Trauerprozess mit seinen verschiedenen Phasen." (S. 133) Hier wird der Eindruck eines linearen Prozesses vermittelt - schade - und die neueren und neusten Erkenntnisse der Trauerforschung werden völlig außer acht gelassen.
Ein im Ansatz und vielen Teilen gutes Buch, das leider an einigen Stellen Schwächen und Unzulänglichkeiten zeigt, die dazu führen, dass ich es nicht uneingeschränkt empfehlen kann.
Georg Hug, Kirchheim/Teck