Kinderbuch zu Krankheit, Sterben, Tod

Opa wird bald sterben

Winter, Gabi. Illustration: Tobias Borries

Ist ein Familienmitglied schwer erkrankt und wird nicht mehr gesund, setzt das die gesamte Familie großen Belastungen aus. Kinder spüren diese Veränderungen und regieren häufig mit Angst, während Eltern oft unsicher sind, was man Kindern zumuten und wie man sie auf das Sterben des geliebten Menschen vorbereiten kann.

Luzie in Lübeck – Eine besondere Geschichte für Kinder

Geiger, Ulrike

Lucia Jannsen, genannt Luzie,  kann sich nicht wirklich auf die beginnenden Ferien freuen. Ihre beste Freundin fährt für drei Wochen weg, wie fast alle anderen Kinder aus ihrer Klasse. Nur der dicke Gregor bleibt in Lübeck – und den kann sie nicht leiden. Soll sie etwa mit ihm ihren elften Geburtstag feiern? Niemals!

Es gibt wenige Bücher auf dem Markt, die das Sterben eines Vaters in einem Hospiz aus der Sicht eines Kindes schildern. Dieses Buch greift das auf eine sehr berührende und einfühlsame Weise auf. Sehr anschaulich und für Kinderseelen nachvollziehbar, wird das Erleben der Luzie dargestellt und wunderbar all die für Kinder sehr ungewohnten Vorgänge rund um die Aufnahme, die Betreuung des Vaters im Hospiz und schließlich auch seinem Sterben erklärt.

Dies ist aber nur einer der Schätze, die es im Buch zu entdecken gibt. Luzie wird in ein richtiges, spannendes Abenteuer gezogen, lernt wunderbare Menschen kennen, die sie auf ihrem Weg begleiten und ihr vielleicht gerade weil sie selber eher am Rande, als in der Mitte der Gesellschaft stehen, verständnisvolle Weggefährten sein können in dieser für sie so besonderen und unverständlichen Zeit der Erkrankung und des Sterbens ihres Vaters.

Mit viel Humor zeichnet die Autorin sehr liebevoll die handelnden Personen. Alleine schon die wundervollen Namen, die sie für die Personen erfindet, sprechen das Herz eines jeden an, der sich auf dieses Abenteuer der Luzie in Lübeck mitnehmen lässt.

Jedes Kind, das gerne liest und in neue Welten eintauchen möchte, wird dieses Buch mögen. Nicht nur Kinder, die selbst mit der Erkrankung oder dem Sterben von nahen Familienangehörigen zu tun haben, sollten dieses Buch kennen. Es hilft jedem Kind, ein Verständnis zu bekommen für das Geheimnis von Krankheit und Sterben – und dies sehr realitätsnah, dabei für die kindliche Vorstellungswelt sehr anschaulich und eben auch – das ist sicher nicht das Unwichtigste – mit Freude und Spannung.

Bernhard Bayer, Stuttgart

Wo ist Opa?: Lena versteht die Welt nicht mehr

Schneider, Björn; Schneider, Ernst

Lena ist ein 4 jähriges Mädchen, das ihre Nachmittage gerne mit ihrem Opa verbringt. Nach dem Kindergarten spielt sie im Haus der Großeltern am allerliebsten Verstecken mit ihm. Ihre Eltern wohnen im gleichen Dorf und holen Lena immer am frühen Abend ab. Eines Nachts klingelt das Telefon – Opa Erich muss ins Krankenhaus. Sie besucht ihn, darf ihn aber nicht sehen. Einen Tag später stirbt Opa. - Lena erfährt zum ersten Mal vom Tod eines Menschen und hat eine Menge Fragen. Wo ist Opa, mit dem sie doch so gerne Verstecken gespielt hat? Der Vater von Lena versucht ihr den Tod zu erklären.

Eine Bilderbuchgeschichte für Kinder ab vier Jahren. Es beschreibt die Geschichte eines vierjährigen Mädchens das den Tod des Opas miterlebt.

Der Autor erzählt authentisch die kindliche Sicht auf dieses Thema und findet Vokabeln, die Kinder im entsprechenden Alter verstehen können. Er beleuchtet dabei auch die Trauer der Erwachsenen und holt die kleinen Leserinnen und Leser durch die kindliche Wahrnehmung dessen sehr gut ab. Auch die Darstellung eines Krankenhauses und der dort üblichen Prozesse ist realitätsnah und kindgerecht aufbereitet.

Abschließend animiert der Autor die Kinder dazu, eigene Trauerrituale zu entwickeln. Dazu möchten auch wir in unserer Arbeit ermutigen.

Die anhängende Erklärung kultureller, religiöser und historischer Rituale im Umgang mit dem Tod ist ebenfalls kindgerecht formuliert und bietet einen guten Überblick. Gleichzeitig wird dadurch die Fantasie der Kinder angeregt, wodurch sie lernen können, kreativ mit ihrem Trauerprozess umzugehen.

Wir finden, dass dieses Buch sehr gut gelungen ist, es eignet sich hervorragend um mit kleineren Kindern über den Tod und das Sterben ins Gespräch zu kommen.

Wir empfehlen es für die Arbeit in Kindergärten, Grundschulen, der Hospiz-und Palliativarbeit, sowie der Trauerbegleitung für Kindern

Buchbesprechung veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung von Monika Stumpf & Petra Gießler, Hospiz Haus Emmaus, Wetzlar, „Charly & Lotte“ – Trauerbegleitung für Kinder und Jugendliche in Mittelhessen

Feli und Matze im Land der Kinderseelen

Eine Geschichte über den Kreislauf des Lebens
Schneider, Isabel; Schneider-Hartmann, Martina

Schon sehr junge Kinder wollen wissen, „wo wir herkommen“ oder „wo wir hingehen, wenn unser Körper stirbt“. Mit viel Lust am Fabulieren findet Isabel Schneider anrührende und lustige Antworten auf diese Fragen: Sie erzählt von Feli und Matze, zwei Kinderseelen aus dem Land über dem Regenbogen. Sie haben sich dazu entschlossen, die Reise auf die Erde anzutreten, um dort ein Leben zu verbringen. Aber so einfach ist das nicht, denn vorher müssen beide dafür ausgerüstet werden...

Das Buch verfolgt das Ziel, schon kleinen Kindern vermitteln zu können, „wo wir herkommen“ und „wo wir hingehen, wenn unser Körper stirbt“.

Die Autorin entwickelt eine in sich stimmige Geschichte. Symbole und Farben lassen viel Raum für die eigene Phantasie und bieten gute Anregungen, an einzelnen Bildern weiter zu denken. In direkter Rede und Widerrede wendet sich die Autorin direkt an die Leser und suggeriert damit einen unmittelbaren Dialog. In wie weit auch schon kleine Kinder von dem sehr umfangreichen Text profitieren, bleibt allerdings fraglich.

Ein wahrer (roter) Faden zieht sich dank der feinen Illustrationen durch das Buch.

Der besondere Gag ist das von beiden Seiten zu lesende „Wendebuch“, in dem einmal Feli als weibliche Seele und von der anderen Seite Matze als männliche Seele beschrieben werden – klassisch in rosa und hellblau.

Der Autorin, die sowohl als Gestalttherapeutin wie auch als Clownin arbeitet, ist die Lust am Fabulieren anzumerken. Sie nimmt die LeserInnen mit in ihre Deutung der Welt, des Geborenwerdens und Sterbens. Damit präsentiert sie sich und bietet eine Gesprächsgrundlage.

Es handelt sich um ein Buch einer Erwachsenen für ihr inneres Kind – ohne Garantie, dass es bei Kindern „wirkt“. Andere Erwachsene können sich darin wiederfinden oder daran reiben, das Beste, was ein Buch bewirken kann!

Christine Ettwein-Friehs, Karlsruhe

Wie ist das mit ... der Trauer?

Kachler, Roland

Wenn jemand stirbt, den du sehr lieb hast, bist du traurig. Am liebsten würdest du weinen oder dich verkriechen, vielleicht bist du auch wütend. Den Kindern in den Geschichten geht es ganz ähnlich: Tim kann nicht glauben, dass sein Opa nie mehr mit ihm Fußball spielen wird, Luisa fühlt sich auf der Beerdigung ihrer Tante ganz seltsam, Benni weiß nicht, wie er es ohne seinen Vater aushalten soll, und Maxi fragt sich, ob sie ihren Bruder jemals wiedersehen wird.

Von der grundsätzlichen Anlage her und in vielen einzelnen Bereichen werden im Buch von Roland Kachler die Gefühlszustände, die Vorgänge um die Trauer gut aufgenommen und gut erklärt. Kindgerecht sind die kleinen Geschichten, in denen verschiedene Situationen gut beschrieben werden. Leider ist das Buch aber nicht uneingeschränkt zu empfehlen, da es einzelne Stellen gibt, die so nicht hilfreich und sinnvoll, ja sogar falsch sind.

Insbesondere der von vielen Menschen immer wieder gebrauchte Vergleich von Sterben und Schlafen. „Ist Sterben wie Schlafen? Ja, Sterben ist wie Schlafen, Schlafen für immer." (S. 29)  Als Psychologe müsste Kachler wissen, dass genau solche Formulierungen bei Kindern Schlafstörungen verursachen können und deshalb vermieden werden sollten. Der letzte Abschnitt, in dem diese Formulierung steht wäre überhaupt nicht notwendig gewesen.

Auf Seite 68 wird die Situation beschrieben, dass eine Todesnachricht überbracht wird. Die zunächst anwesenden Kinder werden nach der Nachricht, dass mit Papi etwas schlimmes passiert ist, ins Zimmer geschickt - alleine. „Geht noch einmal in eure Zimmer." Das ist keine hilfreiche und liebevolle Art mit der Situation umzugehen. Dass das oft so vorkommt mag sein, aber hier müssten andere Möglichkeiten aufgezeigt werden - wie das an anderen Stellen im Buch auch gemacht wird. In dieser Szene wäre es als Modell angezeigt gewesen, dass die Polizisten einen Notfallseelsorger  mitbringen, der bei der Familie bleibt und sie unterstützt. Das wäre auch Hinweis für Polizisten gewesen, wie eine solche Situation besser bewältigt werden kann.

Manche Formulierungen sind etwas unglücklich beziehungsweise zweideutig. Maxi (S. 97) fühlt sich schuldig am Tod ihres Bruders. Sie glaubt ihn verschuldet zu haben und nicht nur - wie im Erklärungskasten suggeriert - ihn nicht verhindert zu haben. Darauf geht Kachler leider nicht ein.

Die orange hervorgehobenen Erklärungen sind meist inhaltlich zwar recht informativ, aber manchmal am falschen Platz und somit verwirrend. Der Text auf  S. 99 hört zum Beispiel auf mit dem „heulen". Der Erklärungstext geht um die Wut. Sie wird aber erst später angesprochen.

Der Satz: „Wir dürfen aufhören, traurig zu sein." (S. 114) ist zumindest eine missverständliche Formulierung. Trauer wird anders, aber ob sie je ganz aufhören wird? Ob sie je ganz aufhören soll? Kachler erwähnt das nicht als Möglichkeit. Er geht nicht auf die von Tanatologen als solche bezeichnete Resttrauer ein. Aber diese erleben Trauernde. Leider bekommen sie dazu keine Hilfestellung aus dem Buch, denn ihre Trauer hat „fertig" zu sein.

Der direkte Vergleich der Seele von Marc mit dem Schmetterling auf Maxis Hand ist etwas unglücklich formuliert. (S. 128)

Kachler hängt noch sehr an den Trauerphasen. „Sie folgen damit dem gesamten Trauerprozess mit seinen verschiedenen Phasen."  (S. 133) Hier wird der Eindruck eines linearen Prozesses vermittelt - schade - und die neueren und neusten Erkenntnisse der Trauerforschung werden völlig außer acht gelassen.

Ein im Ansatz und vielen Teilen gutes Buch, das leider an einigen Stellen Schwächen und Unzulänglichkeiten zeigt, die dazu führen, dass ich es nicht uneingeschränkt empfehlen kann.

Georg Hug, Kirchheim/Teck