für Trauernde

Trauer und Trauma

Die Hilflosigkeit der Betroffenen und der Helfer und warum es so schwer ist, die jeweils andere Seite zu verstehen
Shah, Hanne ; Weber, Thomas

Hanne Shah und Thomas Weber beraten und unterstützen seit vielen Jahren Trauernde und Traumatisierte sowie die Personen, die Trauernde und Traumatisierte beruflich, ehrenamtlich oder in anderer Funktion begleiten: Psychologen, Therapeuten, Theologen, Notfallseelsorger, Ersthelfer, Mitarbeiter von Beratungsstellen, Hospiz-Mitarbeiter, aber auch interessierte Freunde und Bekannte von Betroffenen.

In ihrem Buch für die „Fachleute des Helfens” kommen beide Seiten zu Wort:

Gemeinsam trauern - gemeinsam weiter lieben

Das Paarbuch für trauernde Eltern
Kachler, Roland; Majer-Kachler, Christa

Der Tod eines Kindes ist für Eltern eine Katastrophe. Zerbricht daran auch die Partnerschaft? Roland Kachler und Christa Majer-Kachler kennen diese Frage aus eigener Erfahrung. Sie zeigen Wege auf, wie sich die unterschiedliche Trauer der beiden Partner zu einem Ganzen finden kann. Dabei darf das verstorbene Kind weiterhin zum Leben des Paares gehören. Einfühlsam unterstützen sie Paare auf dem gemeinsamen Trauerweg hin zu einer neu gelingenden und vertieften Partnerschaft.

„Der Tod eines Kindes stellt für Mütter und Väter eine existentielle Katastrophe dar“. So beginnt „das Paarbuch für trauernde Eltern“, das der Theologe und Therapeut Roland Kachler und seine Frau, die bildende Künstlerin und Sozialpädagogin Christa Majer-Kachler geschrieben haben. Zehn Jahre nach dem Tod ihres Sohnes geben sie sich Rechenschaft, wie unterschiedlich sie die Trauer erlebten, was für ihre Beziehung besonders belastend war, was ihnen half, wie sie trotz großer Unterschiede immer wieder zusammenfanden und wie sie ihre Partnerschaft am Ende bewusster und intensiver erlebten. Sie weisen sogar nach, dass die Scheidungsrate bei verwaisten Eltern niedriger ist als beim Durchschnitt der Familien. In zehn Kapiteln schildern sie den Verlauf der Trauer mit allen Abgründen, Verzweiflungsphasen, aber auch hilfreichen Entwicklungen. Sie sprechen die Sprache der Betroffenen, sodass sich betroffene Eltern beim Lesen verstanden fühlen. In vielen Umfragen ermitteln sie, wie es anderen betroffenen Eltern ergeht, sodass die Vielfalt möglicher Erfahrungen in der Trauer wiedergegeben wird. Zu jedem Kapitel gehören „Paarimpulse“. Das sind kleine Übungen, in denen Mutter und Vater ausprobieren können, über ihre unterschiedlichen Erfahrungen in der Trauer miteinander zu reden. Dabei entdecken sie das „komplementäre Trauern“. Wenn der eine in Verzweiflung steckt, findet der andere Kraft, Dinge in die Hand zu nehmen. Unterschiede sind nicht verboten, sie können sogar hilfreich sein. Jedes Kapitel endet mit sehr persönlichen Formulierungen wie „Ich als Frau und Partnerin“ und „Ich als Mann und Partner“ das Geschilderte erlebte. Die Autoren geben Einblick in ihre Unterschiede.

In den ersten Kapiteln geht es darum, das ganze Ausmaß der Katastrophe zuzulassen. Danach geht es um die Frage, wie die Beziehung zum Kind lebendig bleibt, obwohl es nicht mehr da ist. Wie viel Gespräch und wie viel Schweigen brauchen wir? Am Ende wird gefragt, wie wir trotz aller Liebe zum Kind auch unsere Liebe zueinander wieder finden, wie körperliche Liebe wieder wachsen kann. Die Menge der Informationen und die Verläufe der Trauer in der Beziehung zueinander sind so vielfältig und komplex, dass die Autoren betroffenen Eltern raten, nicht das ganze Buch sofort zu lesen, sondern sich die einzelnen Kapitel erst im Verlauf der Trauer vorzunehmen.

Besonders an diesem „Paarbuch für Eltern“ ist, dass die persönlichen Erfahrungen reflektiert werden auf dem Hintergrund psychologischer Kenntnisse und therapeutischer Erfahrung. Deshalb ist es für verwaiste Eltern ein Begleitbuch, in dem sie sich mit allen ihren schmerzhaften Erfahrungen verstanden fühlen und hilfreiche Anregungen für die eigene Trauer finden. Für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Hospizen, die Trauernde begleiten, empfiehlt es sich als Lehrbuch, in dem konkret beschrieben wird wie Elterntrauer sich von innen anfühlt, was hilfreich ist, und wie Eltern durch einfühlsame Begleitung ihren eigenen Weg durch ihre Trauer finden.

Martin Klumpp, Prälat i. R., Stuttgart

Der eigenen Trauer begegnen

Ein Lebens- und Lernbuch
Godzig, Peter

Ein Buch, das trauernden Menschen sensibler Wegbegleiter und Helfer sein möchte. Ich kann darin lesen und betrachten, nachdenken und allmählich verstehen. Ich begegne unterschiedlichen Stimmen und Ansichten und finde meinen ganz persönlichen Trauerweg.

zu den Werken "Der eigenen Trauer begegnen" und "Trauernden nahe sein" - herausgegeben von Peter Godzik

Zwei Bücher liegen vor mir und eine CD-ROM, welche das „Leitungshandbuch“ mit entsprechenden didaktischen Ergänzungen und Lehrgangsmaterialien vervollständigt.

Ausgehend von dem Gedanken der reflektierten eigenen Trauer, des eigenen bewussten Trauerweges als Grundlage für die Befähigung Andere in ihrer Trauer zu begleiten und zu trösten, liegen hier zwei Bücher vor, welche gut geeignet sind, den Weg zum/zur Trauerbegleiter/in hilfreich zu strukturieren.

In dem Erkennen der eigenen Trauer werden acht Erfahrungen auf dem Weg schicksalsbegleitend reflektiert. Vom Schmerz des Verlustes bis zum Hingeben in einen bezaubernden Neuanfang lässt uns das Buch mit Texten, Geschichten und Übungen Rückschau halten auf unseren individuellen Umgang mit der Trauer. Eben: „Der eigenen Trauer begegnen“

Das zweite Buch baut nun auf der Erfahrung im Umgang mit der eigenen Trauer auf und hilft „trösten“! So individuell die Erfahrung mit der eigenen Trauer ist, so individuell gestaltet sich auch die Begleitung von Trauernden. Das Aushalten von Verzweiflung, Wut, Schuldgefühlen führt hin zur Hoffnung, dass der eigene Trauerweg gefunden wird.

In der Begleitung von Trauernden steht nicht das „besser wissen“ im Vordergrund, sondern das Zulassen des ureigensten Umgangs mit der Trauer.

„Trauernden nahe sein“ ergänzt durch die begleitende CD-Rom, ist eine gute Möglichkeit auf die Tätigkeit als Trauerbegleiter/in vorzubereiten.

Thomas Dübner, Pflegedienstleiter Hospiz Bietigheim-Bissingen; Lehrer für Pflegeberufe und Fachkraft für palliative Pflege; Trauerbegleiter

Trauern mit Leib und Seele

Orientierung bei schmerzlichen Verlusten
Onnasch, Klaus; Gast, Ursula

Das Buch ist das erste Trauerbegleitungsbuch, das die Erkenntnisse der aktuellen neurobiologischen Forschung nutzt, um den Ausnahmezustand von Körper und Psyche in dieser Situation allgemeinverständlich zu beschreiben. Aus dem Wissen über diese Vorgänge leiten die Autoren zahlreiche, in der Praxis bewährte Umgangsmöglichkeiten ab. - Zielgruppe: Trauernde - Männer und Frauen; Alle, die Trauernde begleiten; Alle, denen in der beruflichen Praxis Trauernde begegnen: Ärztinnen und Ärzte, PsychotherapeutInnen, Seelsorger und Seelsorgerinnen.

Beide Autoren schreiben aus einem großen Erfahrungsreichtum und eigenem Erleben. Dies ist diesem Buch von der ersten bis zur letzten Seite anzuspüren.

Die verständliche Sprache und Darstellung der neuesten medizinischen Forschung, was in einem Trauerfall in unserem Körper jeweils ausgelöst wird, ist sehr, sehr wertvoll und fruchtbar zu wissen. Es erklärt viele Reaktionen und Gefühle, Empfindungen und Zustände in der Trauer. Aus diesem Grunde kann ich sehr gut verstehen, dass es absolut hilfreich ist, trauernden Menschen dies einmal zu erklären, damit sie ihre eigenen Empfindungen besser einordnen können. Ja, mir kam sogar der Gedanke, ob dies nicht jeder Mensch schon prophylaktisch vor Eintritt des Todes eines nahe stehenden Menschen wissen (sprich gelesen haben) sollte, und nicht erst in der Situation und im Erleben erfährt, wie dies zustande kommt.

Im zweiten Teil des Buches fragte ich mich allerdings schon einige Male, ob dies wirklich zum Lesen für trauernde Menschen selbst so geeignet ist, oder ob die Zielgruppe der Leserschaft da nicht eindeutig Menschen sind, die Trauernde begleiten.

Die Fallbeispiele und Erlebnisberichte von Trauernden machen dieses Buch durchgängig praxisnah und lebendig, findet man doch eigene Empfindungen oder Gehörtes aus der eigenen Arbeit wieder.

Insgesamt ein lesenswertes und empfehlenswertes Buch.

Sabine Horn, Ludwigsburg

Schuld - Macht - Sinn

Arbeitsbuch für die Begleitung von Schuldfragen im Trauerprozess
Paul, Chris

Über Schuldgefühle im Trauerprozess, ihre Entstehung und Bewältigung

Fragen nach Verantwortung und Schuld begleiten Angehörige nach vielen Todesursachen, nach Unfällen und Suiziden aber auch nach Herzinfarkten und sogar nach lang andauernden Erkrankungen. In schier endlosen Gedankenspiralen stellen sich immer dieselben Fragen – was hätte ich tun können, um den Tod zu verhindern? Hätte ich überhaupt etwas tun können? Hätte ich etwas merken müssen? Aber auch Vorwürfe gegen andere können stark sein, gegen Psychologen, Ärzte und Verwandte. Schuldvorwürfe quälen und entlasten zugleich, sie haben viele Ursachen und Auswirkungen.

Wie ist das mit ... der Trauer?

Kachler, Roland

Wenn jemand stirbt, den du sehr lieb hast, bist du traurig. Am liebsten würdest du weinen oder dich verkriechen, vielleicht bist du auch wütend. Den Kindern in den Geschichten geht es ganz ähnlich: Tim kann nicht glauben, dass sein Opa nie mehr mit ihm Fußball spielen wird, Luisa fühlt sich auf der Beerdigung ihrer Tante ganz seltsam, Benni weiß nicht, wie er es ohne seinen Vater aushalten soll, und Maxi fragt sich, ob sie ihren Bruder jemals wiedersehen wird.

Von der grundsätzlichen Anlage her und in vielen einzelnen Bereichen werden im Buch von Roland Kachler die Gefühlszustände, die Vorgänge um die Trauer gut aufgenommen und gut erklärt. Kindgerecht sind die kleinen Geschichten, in denen verschiedene Situationen gut beschrieben werden. Leider ist das Buch aber nicht uneingeschränkt zu empfehlen, da es einzelne Stellen gibt, die so nicht hilfreich und sinnvoll, ja sogar falsch sind.

Insbesondere der von vielen Menschen immer wieder gebrauchte Vergleich von Sterben und Schlafen. „Ist Sterben wie Schlafen? Ja, Sterben ist wie Schlafen, Schlafen für immer." (S. 29)  Als Psychologe müsste Kachler wissen, dass genau solche Formulierungen bei Kindern Schlafstörungen verursachen können und deshalb vermieden werden sollten. Der letzte Abschnitt, in dem diese Formulierung steht wäre überhaupt nicht notwendig gewesen.

Auf Seite 68 wird die Situation beschrieben, dass eine Todesnachricht überbracht wird. Die zunächst anwesenden Kinder werden nach der Nachricht, dass mit Papi etwas schlimmes passiert ist, ins Zimmer geschickt - alleine. „Geht noch einmal in eure Zimmer." Das ist keine hilfreiche und liebevolle Art mit der Situation umzugehen. Dass das oft so vorkommt mag sein, aber hier müssten andere Möglichkeiten aufgezeigt werden - wie das an anderen Stellen im Buch auch gemacht wird. In dieser Szene wäre es als Modell angezeigt gewesen, dass die Polizisten einen Notfallseelsorger  mitbringen, der bei der Familie bleibt und sie unterstützt. Das wäre auch Hinweis für Polizisten gewesen, wie eine solche Situation besser bewältigt werden kann.

Manche Formulierungen sind etwas unglücklich beziehungsweise zweideutig. Maxi (S. 97) fühlt sich schuldig am Tod ihres Bruders. Sie glaubt ihn verschuldet zu haben und nicht nur - wie im Erklärungskasten suggeriert - ihn nicht verhindert zu haben. Darauf geht Kachler leider nicht ein.

Die orange hervorgehobenen Erklärungen sind meist inhaltlich zwar recht informativ, aber manchmal am falschen Platz und somit verwirrend. Der Text auf  S. 99 hört zum Beispiel auf mit dem „heulen". Der Erklärungstext geht um die Wut. Sie wird aber erst später angesprochen.

Der Satz: „Wir dürfen aufhören, traurig zu sein." (S. 114) ist zumindest eine missverständliche Formulierung. Trauer wird anders, aber ob sie je ganz aufhören wird? Ob sie je ganz aufhören soll? Kachler erwähnt das nicht als Möglichkeit. Er geht nicht auf die von Tanatologen als solche bezeichnete Resttrauer ein. Aber diese erleben Trauernde. Leider bekommen sie dazu keine Hilfestellung aus dem Buch, denn ihre Trauer hat „fertig" zu sein.

Der direkte Vergleich der Seele von Marc mit dem Schmetterling auf Maxis Hand ist etwas unglücklich formuliert. (S. 128)

Kachler hängt noch sehr an den Trauerphasen. „Sie folgen damit dem gesamten Trauerprozess mit seinen verschiedenen Phasen."  (S. 133) Hier wird der Eindruck eines linearen Prozesses vermittelt - schade - und die neueren und neusten Erkenntnisse der Trauerforschung werden völlig außer acht gelassen.

Ein im Ansatz und vielen Teilen gutes Buch, das leider an einigen Stellen Schwächen und Unzulänglichkeiten zeigt, die dazu führen, dass ich es nicht uneingeschränkt empfehlen kann.

Georg Hug, Kirchheim/Teck